Samstag, 13. November 2010

Samstagsgeschichte

Sie hatte schon wieder abgesagt, zum einundfünfzigsten Mal. So oft hatte er sie zum Essen eingeladen und ebenso oft hatte er eine Absage erhalten. Sie würde nie „Ja“ sagen. Das wusste er. Sie konnte ihn auch nicht mehr leiden und sie würde ihn nie mehr ansehen können, ohne „Der schon wieder“ oder „Hast du es immer noch nicht mitgekriegt?“ zu denken. Das wusste er. Sie liebte ihn nicht. Das würde sich auch nicht mehr ändern. Das wusste er. Er kannte sie gut, seine Liebste. Blümchen nannte er sie manchmal, seine Blume.  
Blumen! Er musste ihr noch Rosen schicken. Wie hatte er das nur vergessen können? Dann hätte sie gedacht, er hätte aufgegeben, aber er würde nicht aufgeben. Niemals. Das wusste er.
Er hatte einige Freunde durch die Sache verloren. Aber die Sache war einfach und unabwendbar. Er liebte seine Blume, sein Mädchen, aber sie liebte ihn nicht. Sie hatten viele gemeinsame Freunde gehabt, er und seine Blume. Inzwischen waren es nur noch wenige, und das waren die, die die Sache einfach nur bescheuert fanden, aber sich nicht mehr weiter darum kümmerten. Die anderen nannten ihn den „Stalker-Typ“ seiner Blume. Das wusste er, aber es machte ihm nichts aus. 
Er blätterte durch seinen Kalender. Sein Blick fiel zurück auf den 12. Januar. An diesem Tag hatte seine Blume ihn zum ersten Mal gegrüßt, einfach so. Sie waren Freunde geworden und er hatte sich in sie verliebt und er hatte sie zum Essen eingeladen. Sie hatte „Nein“ gesagt. Er hatte verstanden. Trotzdem hatte er sie wieder gefragt und wieder. Aber die Antwort war stets die gleiche gewesen. Irgendwann hatte er mitgekriegt, wie sie sich mit einem Freund über ihn unterhielt. Er war näher gegangen um mitzuhören. Sie hatte gesagt, er würde die Absagen nicht verstehen und es weiter versuchen. Sie fand ihn nervig und dachte, er wäre dumm, weil er sie nicht verstand. Das wusste er. Aber er verstand sie.
Er wusste, dass sie ihn nicht mochte und dass er sie belästigte. Also war er in ein Blumengeschäft gegangen und hatte ihr Blumen schicken lassen. Als Entschuldigung, aber sie hatte es nicht verstanden, denn als er sie am nächsten Tag wieder eingeladen hatte, hatte sie „Nein“ gesagt. So würde es immer sein. Das wusste er. Und er hatte sich erneut mit Blumen entschuldigt. Sie hatte es nicht verstanden. Sie würde es nie verstehen. Das wusste er. „Das Selbe wie immer“, sagte er, legte einen $20-Schein auf die Theke. Die Verkäuferin nickte nur. Er war ihr bester Kunde. Das wusste er, aber die Entschuldigungen waren teuer. Sie gab ihm $8.50 zurück. „Bis morgen“, sagte sie, als er das Geschäft verließ. Morgen würde er es wieder versuchen und sie würde ablehnen und er würde Blumen schicken um sich bei ihr für die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen. Sie würde es nicht verstehen. Das wusste er, aber es war ihm egal.

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