Er atmete tief durch, versuchte sichtlich seine Anspannung zu verlieren, erfolglos. Ira betrachtete ihn ruhig, verdrängte erfolgreich ihre Schmerzen. Sie wartete. Es hatte keinen Sinn Andrej zu einer schnellen Antwort zu drängen. Armer Andrej. Wie konnte sie ihm nur helfen?
Sein Gesicht war seltsam verzerrt. Normalerweise gelang es ihm gut genug, seine Emotionen hinter einer eisernen Fassade zu verstecken, aber jetzt stand Verwirrung und Schmerz, vielleicht etwas Schuld deutlich auf seinem blassen Gesicht geschrieben. Ira sah ihn mitleidig an. Sie widerstand dem Wunsch, ihn, wie ein kleines Kind in ihre Arme zu nehmen und ihn zu trösten, ihm zu sagen, dass sie für ihn da war, egal was passierte. Stopp. Hör auf damit. Dieser Kerl ist ein Arschloch. Er hat dich vergewaltigt. Ira, das kannst du ihm nicht so einfach verzeihen. Die Stimmen in ihrem Kopf waren so laut, dass sie beinahe Angst hatte, Andrej könnte sie hören, aber er schien nicht zu reagieren.
Er ließ sich in den Küchenstuhl fallen, hielt sich mit beiden Händen die Schläfen. Die Sonnenstrahlen, die hin und wieder durch die Wolkendecke hindurch in das helle Zimmer schienen, glitzerten in Andrejs feuchten Augen. Mit wehleidigem Blick sah Ira, wie er kämpfte, aber gegen das Meer von Emotionen machtlos war, und eine einsame Träne über die raue Haut kullerte. Ihr war bewusst, dass sie ihn, sobald sie ihn berühren würde, völlig aus der Fassung bringen würde. Vielleicht war das gut so. Vielleicht musste die Mauer, hinter der er sich so gut verstecken konnte fallen. Vielleicht…
Sie legte ihre Hand auf seine Schulter, flüsterte: "Ich bin da. Alles wird gut." Wie seine Mutter, dachte sie kurz. Nein. Das stimmte nicht. Wie seine… Hör auf damit! Er weinte.
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